Die Bevölkerung in Deutschland hatte stark unter den Folgen des Krieges zu leiden. Die Versorgung mit Lebensmitteln war seit der englischen Seeblockade miserabel. Im so genannten "Kohlrübenwinter" 1916/17 war die Lage besonders ernst. Es gab keine Kartoffeln und die Fleischrationen wurden auf 70 g pro Woche reduziert. Insgesamt standen jedem Bürger pro Tag nur Lebensmittel mit einem Gesamtgehalt von ca. 1000 Kalorien zur Verfügung. Es wurden öffentliche Straßenspeisungen abgehalten, bei denen aus den "Gulaschkanonen" wässerige Suppe an die fast verhungernde Bevölkerung ausgeteilt wurde; dadurch wollte man die Sterberate wenigstens ein bisschen verringern.
Krankheiten und Epidemien breiteten sich schnell aus und die meisten Menschen, vor allem Kinder, litten an Mangelerscheinungen.
Die Regierung versuchte den Notstand zu vertuschen. So wurde z.B. 1915 das Mindestgewicht einer Schrippe von 75g auf 50g gesenkt, damit die Anzahl der produzierten Brötchen aufrechterhalten werden konnte und es nicht mehr zu Ausverkaufen kam. Alle Grundnahrungsmittel sowie notwendige Gebrauchsmittel wie Seife oder Wachs waren nur über (Lebensmittel-)Karten zu bekommen und die Geschäfte wurden auf das Schärfste kontrolliert, damit sie die Rationen auch genau bemaßen.
Wer Glück hatte und materielle Wertgegenstände besaß, konnte diese auf dem Schwarzmarkt tauschen und so schafften es einige aus der Bürgerschicht sich ohne den beißenden Hunger, den die meisten Arbeiter Tag für Tag empfanden, über die Kriegsjahre zu retten. Dies schürte natürlich auch den Hass auf die obere Klasse und es wurden immer mehr Stimmen laut, die die sozialen Verhältnisse in Deutschland anprangerten.
Doch auch der Verlust ihres Besitzes stellte für die Oberschicht ein großes Opfer dar, das man bald nicht mehr zu leisten bereit war und so nahm auch hier die Kriegsbegeisterung stetig ab, wenn auch nicht in dem Maße wie bei den Proletariern, die mit ihren Forderungen nach einem Ende des Krieges eigentlich die Forderung nach einem erträglichem Leben erhoben.
Auch im Heer nahm der Kampf- und Durchhaltewillen, der immer wieder in Parolen von oben gefordert wurde, immer mehr ab. Besonders erregt wurde der Zorn der Soldaten durch die unterschiedliche Versorgung der Offiziere und Mannschaften auf den Etappen und in den Reservestationen. Ihr niederer Rang wurde den Soldaten durch den Hunger nun auch stets körperlich vor Augen geführt.
Die Frauen hatten während der Kriegsjahre eine doppelte Belastung zu ertragen. Da alle "wehrfähigen" Männer zum Kriegsdienst eingezogen waren, mussten sie zusätzlich zu ihren Aufgaben als Hausfrau und Mutter auch noch den Arbeitsdienst in den Rüstungsbetrieben erfüllen. Viele waren gezwungen zudem weitere Arbeiten zu übernehmen, da das Geld für die Versorgung der Familie nicht ausreichte. Aus diesem Grund mussten auch die Kinder arbeiten, damit man sich wenigstens noch eine Wohnung leisten konnte und nicht in den völlig überfüllten Stadtmissionen sein Leben fristen musste. Auch die Kinder kamen meist in den Rüstungsbetrieben unter, wo sich ihre kleinen Finger gut zum Säubern von Gewehrläufen eigneten oder sie verbrachten ihren Tag mit dem "Organisieren" von Lebensmitteln, Kohle u.Ä., was meist mit Diebstählen und Schwarzmarkthandel einher ging.
Die gesamte Wirtschaft wurde durch das Kriegsministerium gelenkt, wodurch auch die Arbeitsplätze nicht mehr frei wählbar waren, sondern von den örtlichen Militärbehörden zugeteilt wurden. Seit im Dezember 1916 das "Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst" erlassen worden war, waren alle "Wehrtüchtigen" im Alter von 17 bis 60 Jahren zum Arbeitsdienst verpflichtet. Auch weitere "kriegsbedingte" Eingriffe in die vor dem Krieg errungenen Rechte der Arbeiter blieben nicht lange aus, was zu einer zusätzlichen Enttäuschung der Proletarier über die Regierung führte.
Die Großindustriellen der Schwerindustrie erhielten als "Träger der Kriegswirtschaft" besondere Vergünstigungen und profitierten enorm von der vierjährigen Materialschlacht.

Es dauerte einige Zeit bis die Menschen erkannten, dass der ganze Krieg nur auf ihrem Rücken ausgetragen wurde und sie die Letzten waren, die von ihm einen Nutzen hatten. Dann aber verwandelte sich die anfängliche Kriegsbegeisterung immer schneller in die breite Forderung nach einem Waffenstillstand, der nach Meinung der Leute automatisch eine bessere Versorgung nach sich ziehen würde. Die Arbeiter hatten nichts mehr zu verlieren und begannen, je weiter der Krieg fortschritt und die Lage in der Heimat sich weiter und weiter verschlechterte, öffentlich für ihre Forderungen einzutreten und ihrem Zorn Luft zumachen. Waren es im April 1917 noch 300.000 Metallarbeiter gewesen, die ihre Arbeit in den großstädtischen Betrieben niederlegten um gegen eine weitere Kürzung der Brotrationen auf 1350g pro Woche zu protestieren (die daraufhin zurückgenommen wurde), so waren es im Januar 1918 bereits eine Millionen Arbeiter, die im ganzen Reich auf die Straße gingen.

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