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Philipp Scheidemann ruft am 09.11.1918 die deutsche Republik aus

Das deutsche Volk hat auf der ganzen Linie gesiegt. Das alte Morsche ist zusammengebrochen; der Militarismus ist erledigt! Die Hohenzollern haben abgedankt! Es lebe die deutsche Republik!
Der Abgeordnete Ebert ist zum Reichskanzler ausgerufen worden. Ebert ist damit beauftragt worden, eine neue Regierung zusammenzustellen. Dieser Regierung werden alle sozialistischen Parteien angehören. Jetzt besteht unsere Aufgabe darin, diesen glänzenden Sieg, diesen vollen Sieg des deutschen Volkes nicht beschmutzen zu lassen, und deshalb bitte ich Sie, sorgen Sie dafür, daß keine Störung der Sicherheit eintrete!
Wir müssen stolz sein können, in alle Zukunft auf diesen Tag! Nichts darf existieren, was man uns später wird vorwerfen können! Ruhe, Ordnung und Sicherheit, das ist das, was wir jetzt brauchen!
Dem Oberkommandierenden in den Marken und dem Kriegsminister Scheüch werden je ein Beauftragter beigegeben. Der Abgeordnete Genosse Göhre wird alle Verordnungen des Kriegsministers Scheüch gegenzeichnen. Also gilt es von jetzt ab, die Verfügungen, die unterzeichnet sind von Ebert, und die Kundmachungen, die gezeichnet sind mit den Namen Göhre und Scheüch, zu respektieren.
Sorgen Sie dafür, daß die neue deutsche Republik, die wir errichten werden, nicht durch irgend etwas gefährdet werde!
Es lebe die deutsche Republik!

Ritter, Gerhard A. und Miller, Susanne (Hrsg.):"Die deutsche Revolution 1918-1919. Dokumente". 2.Auflage, Frankfurt 1968
Erläuterung:
Während des Mittagessens im Reichstag am 9.November 1918 wurden die dort versammelten SPD-Führer von ihren Abgeordneten aufgefordert an die draußen Versammelten eine Rede zu halten. Daraufhin trat Scheidemann an eines der Fenster des Reichstages und verkündete die "deutsche Republik" und somit das Ende der Monarchie in Deutschland. Nach seiner Ansprache geriet er in einen Streit mit Ebert, der Scheidemanns Handeln als anmaßend empfand.