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Tagebuchnotiz Karl Liebknechts über die Sitzung des Vollzugsausausschusses der revolutionären Obleute am 02.11.1918

2.11., früh. Vollzugsausschuß des Arbeiterrats: Am 4.11. soll aufs Ganze gegangen werden. Wir energisch dafür.
2.11., Nachmittagsbesprechung mit Bucharin etc., die unsere Lage mit der ihrigen im Juli 1917 vergleichen usw.
2.11., abends. Arbeiterrat; Ungünstige Stimmungsberichte der Obleute. Nachtsitzung. Die technische Vorbereitung für Montag wird unmöglich. Antrag des Vorstandes:
"Die Sache zu verschieben: Arbeiterrat solle Mittwoch, den 6.11., wieder zusammentreten. Es seien noch technische Vorbereitungen nötig, Organisation usw. zu ergänzen." Es wird festgestellt daß der Arbeiterrat fast nur die Metallindustrie und diese nicht vollständig umfaßt. Wenn "alles", so wir dabei: wenn "nichts", so nicht. Für den Fall, daß nicht "alles" beschlossen werden sollte, so unser Antrag, um jedenfalls zu retten, was zu retten ist:
"Spätestens am Dienstag, früh 9 Uhr, in einen Massenstreik einzutreten mit daran anschließenden bewaffneten Demonstrationen unter den im Verlauf der Aktion sich steigernden Parolen: Sofortiger Frieden und Aufhebung des Belagerungszustandes - Deutschland sozialistische Republik - Bildung einer Regierung der Arbeiter- und Soldatenräte."
Selbstverständlich auch Flugblätter etc. an Soldaten. Weiterer Antrag von anderer Seite: Sympathie- (Solidaritäts-) Streiks gegen die Einberufungen.
Beschluß - bei dem nur die Obleute, Arbeitervertreter abstimmen:
"Alles" mit 19 gegen 22 Stimmen abgelehnt; unser Antrag gegen 2 Stimmen abgelehnt. Solidaritätsstreiks abgelehnt. Vertagung auf Mittwoch beschlossen.

Brunk, Willi; Dederke, Karlheinz; Neumann, Horst: "1918/19: Revolution in Deutschland?". Berlin 1976
Erläuterung:
In Karl Liebknechts Tagebuch findet sich ein Eintrag zu der Sitzung des Vollzugsausschusses der revolutionären Obleute am Abend des 2.November 1918 in der Arbeiterbildungsschule der SPD in Berlin anlässlich der Matrosenaufstände in Kiel, der Liebknecht, Pieck und Meyer als Vertreter des Spartakusverbandes beiwohnten. Die Verhandlungen über das weitere Vorgehen wurden auf den 6.November vertagt, da man sich auf keinen "Termin" für die Revolution einigen konnte.