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Beschluss des Reichsrätekongresses zur Kommandogewalt (Sieben Hamburger Punkte) vom 18.12.1918

1. Die Kommandogewalt über Heer und Marine und Schutztruppen üben die Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats aus.
2. Als Symbol der Zertrümmerung des Militarismus und der Abschaffung des Kadavergehorsams wird die Entfernung aller Rangabzeichen und des außerdienstlichen Waffentragens angeordnet.
3. Für die Zuverlässigkeit der Truppenteile und für die Aufrechterhaltung der Disziplin sind die Soldatenräte verantwortlich. Der Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte ist der Überzeugung, daß die unterstellten Truppen den selbstgewählten Soldatenräten und Vorgesetzten im Dienste den zur Durchführung der Ziele der sozialistischen Revolution unbedingt erforderlichen Gehorsam erweisen. Vorgesetzte außer Dienst gibt es nicht mehr.
4. Entfernung der bisherigen Achselstücke, Unteroffizierstressen usw., Kokarden, Achselklappen und Seitengewehre ist ausschließlich Angelegenheit der Soldatenräte und nicht einzelner Personen. Ausschreitungen schädigen das Ansehen der Revolution und sind zur Zeit der Heimkehr unserer Truppen unangebracht.
5. Die Soldaten wählen ihre Führer selbst. Frühere Offiziere, die das Vertrauen der Mehrheit ihres Truppenteils genießen, dürfen wiedergewählt werden.
6. Offiziere der militärischen Verwaltungsbehörden und Beamte im Offiziersrange sind im Interesse der Demobilisation in ihren Stellungen zu belassen, wenn sie erklären, nichts gegen die Revolution zu unternehmen.
7. Die Abschaffung des stehenden Heeres und die Errichtung der Volkswehr sind zu beschleunigen.
8. Vorstehende Sätze sind Richtlinien. Die endgültigen Ausführungsbestimmungen werden von den 6 Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrates und im Einvernehmen mit den Soldatenräten von Heer und Marine festgesetzt.

Ritter, Gerhard A. und Miller, Susanne (Hrsg.):"Die deutsche Revolution 1918-1919. Dokumente". 2.Auflage, Frankfurt 1968
Erläuterung:
Während des Reichsrätekongresses vom 14. bis 19.Dezember 1918 im Berliner Abgeordnetenhaus wurde von Heinrich Dorrenbach als Vertreter einer Gruppe von Hamburger Soldaten eine Liste mit Forderungen bezüglich der Kommandogewalt über (sie sollte von Hindenburg auf den Vollzugsrat des Reichrätekongresses übergehen) und innerhalb der Truppe und dem Tragen von Rangabzeichen und Orden verlesen, die unter den Delegierten derart heftige Diskussionen auslöste, dass sie Sitzung vertagt werden musste. Am nächsten Tag wurde dann eine von Ebert und Severing ausgearbeitete entschärfte Form der Forderungen vom Rätekongress angenommen, der oben noch aufgeführte 8.Punkt wurde dabei jedoch gestrichen.