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Gesetz zur Bildung einer Freiwilligen Volkswehr vom 12.12.1918 (Auszug)

1. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist eine freiwillige Volkswehr zu bilden.
2. Die Vollmachten zur Aufstellung der Abteilungen dieser Volkswehr erteilt ausschließlich der Rat der Volksbeauftragten, der auch Zahl und Stärke der Abteilungen festsetzt.
3. Die Volkswehr untersteht ausschließlich dem Rate der Volksbeauftragten Sie verpflichtet sich der sozialistisch-demokratischen Republik durch Handschlag.
4. In die Volkswehr werden nur Freiwillige aufgenommnen. Sie wird außerhalb des Rahmens des Heeres stehen. Gerichtliche und Disziplinarverhältnisse werden noch geregelt.
5. Die Freiwilligen wählen ihre Führer selbst, und zwar etwa hundert Freiwillige (Hundertschaft) einen Führer und drei Zugführer; mehrere Hundertschaften bilden eine Abteilung und wählen den Abteilungsführer und einen Stab. Ihm steht ein Vertrauensrat von fünf Freiwilligen beratend zur Seite.
6. Jeder Freiwillige ist im Dienste zum Gehorsam gegenüber seinen selbstgewählten Führern verpflichtet.
7. Für die Annahme der Freiwilligen ist Vorbedingung
 
a) in der Regel Zurücklegung des vierundzwanzigsten Lebensjahres
b) körperliche Rüstigkeit,
c) längerer einwandfreier Frontdienst.
Reichs-Gesetzblatt 1918 S. 1424

Ritter, Gerhard A. und Miller, Susanne (Hrsg.):"Die deutsche Revolution 1918-1919. Dokumente". 2.Auflage, Frankfurt 1968
Erläuterung:
Mit dem "Gesetz zur Bildung einer freiwilligen Volkswehr" vom 12.Dezember 1918 schuf die Regierung die Grundlage für die Bildung von Freikorps. Diese sollten laut Gesetz zwar dem Rat der Volksbeauftragten verpflichtet sein, folgten aber in der Praxis ausschließlich den Befehlen ihrer militärischen Führer. So widersetzte sich z.B. im März 1920 Hermann Ehrhardt dem Befehl des Reichswehrministers Noske die Marinebrigade Ehrhardt aufzulösen und marschierte stattdessen mit ihr im Kapp-Lüttwitz-Putsch in Berlin ein.
Auf Grund der Beschränkung des Heeres auf 100.000 Soldaten laut der Waffenstillstandsbedingungen und später des Versailler Vertrages war es aber für die Regierung wichtig außerhalb des Heeres stehende Einsatztruppen zu haben, die für die Bewachung der Regierungsgebäude, Kämpfe gegen sozialistische Revolutionäre (Spartakusaufstand, Märzkämpfe, Ruhraufstand) oder den "Grenzschutz Ost" eingesetzt werden konnten.